vDOP
Frank Jäger
urbi at orbi.space
So Okt 2 11:45:41 CEST 2022
Am 02.10.22 um 00:31 schrieb Ökkel:
> Die meisten Teile von OWL haben Aufnahmen aus dem Juni. Ausnahmen, die
> mir aufgefallen sind:
> Rahden von Juli
> Lübbecke / Espelkamp von Mai
> Gütersloh Nord, Harsewinkel, Steinhagen, Halle, Borgholzhausen von März
>
> Die Abdeckung und das genaue Daten kann man bei
> https://www.tim-online.nrw.de/tim-online2/
> sehen -> Satellitenbildinformationen -> VDOP -> Info (fürs Datum)
>
> Ich sehe gerade, große Teile von Gütersloh, Verl, Herzebrock-Clarholz,
> Versmold, Greffen, Rietberg, Langenberg und Randbereiche von Büren und
> Bad Wünnenberg fehlen im vDOP-Layer, dort sind die Aufnahmen (von
> Anfang März) schon als (endgültige) DOP veröffentlicht.
>
Moin!
Ich haue mal raus, was ich noch so über DOPs weiß.
Bisher hat das Land NRW alle 3 Jahre die Befliegung eines Gebietes
organisiert. Dabei wurde abwechselnd vor der Vegetationsperiode
(unbelaubt, ca. März) und in der Vegetationsperiode (belaubt, ca. Juni)
geflogen. Die Landesteile Rheinland, Münsterland und OWL wechselten sich
dabei ab.
Seit 2020 wurden die Abstände von 3 auf 2 Jahre verkürzt. Bei TIM-Online
(Link oben) kann man in der Kartenauswahl auch Bildflugnachweise /
Bildfluggebiete abrufen. Danach scheint das Land jetzt grob in "NRW
Nord" / "NRW Süd" aufgeteilt zu sein, was das "Jahr der Befliegung"
betrifft. Jeder Teil wird dann nochmal unterteilt in Gebiete, die in
diesem Jahr belaubt oder unbelaubt beflogen werden. Man muss die
Hardware (Flugzeuge) ja möglichst gleichmäßig ausnutzen und ist dabei
vom Wetter (Sicht) abhängig.
Für OWL ergibt sich:
2014 unbelaubt.
2017 belaubt,
2020 unbelaubt,
2022 belaubt (derzeit als vorläufige DOP verfügbar)
Die Belaubung entscheidet ob man z.B. in einer Allee mit Laubbäumen die
Fahrbahnränder und Gullydeckel sehen kann, oder ob die Sicht auf den
Boden komplett verdeckt ist. Die unbelaubte Befliegung hat also Vorteile
bei der Sichtbarkeit des Bodens.
Bei der belaubten Befliegung ist aber eine bessere Analyse der
Vegetation möglich. Die verwendeten Kameras nehmen 4 Spektralkanäle auf.
Neben den üblichen sichtbaren RGB-Kanälen (Rot/Grün/Blau) wird noch ein
vierter Kanal im Bereich NIR (Nahes InfraRot) aufgenommen.
Durch den Wood-Effekt https://de.wikipedia.org/wiki/Wood-Effekt wird im
NIR-Kanal gesunde Vegetation (Blattgrün) identifiziert. Für die üblichen
Farbbilder wird dieser Kanal dann weggelassen. Man kann den Kanal
einzeln als monochromes Bild darstellen oder die Farbkanäle in der
Darstellung tauschen (Falschfarben-Darstellung). Ich finde aber die
Darstellung als NDVI am aussagekräftigsten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Normalized_Difference_Vegetation_Index
Daher habe ich für meine Kunden (MI, HF, LIP) bisher die Rohdaten vom
Land als NDVI aufbereitet.
Die Kanäle ROT und NIR werden - Pixel für Pixel - mit einer Formal in
Beziehung gesetzt. Der Rot-Kanal dient sozusagen als Referenz um die
Grundhelligkeit rauszurechnen und die relative Stärke des NIR-Kanals zu
erhalten. Man erhält in der Praxis dann Werte zwischen 0 und 255 je
Pixel also auch ein monochromes (1 Kanal) Bild. Für der Darstellung
verwende ich dann aber eine Farbpalette die von (0=) Grau über Braun bis
Grün reicht. So ordnet man den Helligkeitswerten intuitive Farben zu.
Ein kräftiges dunkles Grün zeigt volle Vegetation, die Brauntöne eine
teilweise vorhandene Vegetation, Grau ist tot (Beton, Farbahn, Dach).
Beispiel März 2020:
http://map.krz.de/mapproxy/dop600/service?VERSION=1.3.0&REQUEST=GetMap&SERVICE=WMS&LAYERS=dop_ndvi&STYLES=&CRS=EPSG:25832&BBOX=483681.2620811278,5767323.8631393295,486626.7379188722,5768308.1368606705&WIDTH=1604&HEIGHT=536&FORMAT=image/png&BGCOLOR=0xffffff&TRANSPARENT=TRUE&EXCEPTIONS=XML
Dies Frühjahrs-Bild zeigt, wo im März auf den Ackerflächen schon
Pflanzen zu sehen waren. So eine Aufbereitung ist natürlich im Sommer
viel aussagekräftiger weil u.a. die Laubbäume im Wald auf Schäden
analysiert werden können (Baumsterben, Klimawandel).
Die Bodenauflösung der gelieferten DOPs beträgt 10 cm/Pixel. Ein
Bildpunkt entspricht also etwa einem "Bierdeckel" (Zaunpfahl).
Die ursprünglichen Fotos können nicht direkt als "Karte" verwendet
werden. Sie sind ja als Zentralperspektive mit einem weitwinkligen
Objektiv von oben aufgenommen worden. Direkt unter dem Flugzeug sind die
Pixel lagerichtig. Aber je weiter ein Objekt vom Aufnahme-Mittelpunkt
entfernt ist, um so größer sind die Verzerrungen, die sich aus der
Höhenlage ergeben. Die Aufnahmen müssen also entzerrt werden, was die
lange Bearbeitungszeit erklärt. Früher wurde nur nach Erdboden entzerrt.
Das bedeutet z.B. für ein hohes Gebäude am Bildrand, dass die der Kamera
zugewandte Seitenwand am Boden lagerichtig ist, das Dach aber schon
nicht mehr, weil es höher liegt. Das ist daran erkennbar, dass Dachkante
und Mauerkante am Boden hier nicht deckungsgleich sind obwohl sie an der
gleichen 2D-Position liegen.
Man hat am Bildrand teilweise eine Seitenansicht eines Gebäudes. Die
gegenüberliegende Unterkante der Wand ist dann nicht sichtbar, sie wird
vom Gebäude verdeckt. Für die Erfassung der Lage eines Gebäudes in OSM
bedeutet das, dass man nicht einfach das Dach verwenden kann. Man kann
zwar für die Form des Gebäudes das Dach verwenden, muss dann aber
anschließend das ganze Objekt auf die sichtbare Wand-Unterkante
verschieben.
Aktuelle Luftbilder werden nun mit mehr Aufwand hergestellt - Stichwort
"True Orthophoto".
Die Aufnahmen werden nun mit so großer Überlappung gemacht, so dass man
von einem Gebäude immer zwei verschiedene Seitenansichten hat. Durch
geschickte Kombination der Aufnahmen kann man also jetzt Bereiche
sichtbar machen, die vorher verdeckt waren, z.B. den kompletten
Grundriss am Boden. Das Abdigitalisieren wird dadurch einfacher und
intuitiver.
Ohne Kenntnis der beschriebenen Hintergründe ist in der Vergangenheit
bestimmt auch manches Dach aus einem älteren Luftbild direkt als
Gebäudeumring erfasst wurden.
https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/geobasis/luftbildinformationen/aktuell/digitale_orthophotos/index.html
--
Frank
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