Quantität und Qualität bei Importen

Frank Jäger frank at fotodrachen.de
So Jul 12 11:39:47 CEST 2009


Hallo Liste,
im Frühjahr 2007 begann ich mit OpenStreetMap in OWL.
Damals war von einer Community noch nichts zu sehen und und für die
ganze Region galt in der OSM-Datenbank: 1. Buch Moose, Kap. 1, Vers 2
([1] "Und die Erde war wüst und leer").

Meine ersten Mapping-Aktionen sahen recht verloren aus und eine 
zeitliche Extrapolation der Arbeit der ersten Monate deutete auf Jahre 
lange Arbeit hin.

In dieser Situation erschien es mir sinnvoll, die Trassen von Straßen
aus dem Straßenkataster der Kommunen zu importieren, damit überhaupt in
absehbarer Zeit ein brauchbarer OSM-Bestand entsteht.

Ich fand Gehör bei den Verantwortlichen in Löhne, Kirchlengern, Bünde,
Rödinghausen, Preussisch Oldendorf, Lage und Vlotho.
Diese Kommunen habe mir ihre Daten zur Verfügung gestellt. Ich habe dann
einen einfachen Konverter geschrieben, der aus den Daten OSM-Format
(damals API 0.4 und 0.5) erzeugt. Siehe [2].
Die Daten habe ich mit JOSM nachbearbeitet und hoch geladen.
Siehe auch damalige Beiträge in Talk-DE: [5] [6].

Die Entwicklung der Region ist in der GIF-Animation [3] gut zu sehen.

Florian's aktuelle Aktion 'Straßenliste' [4] zeigte die 'importierten'
Kommunen dann auch erwartungsgemäß sofort hoch im 90%-Bereich. Durch
Nacharbeiten (Schreibweise) sind die 100%-Marken inzwischen an mehreren 
Stellen geknackt.

Ohne die Importe wären wir in vielen dieser Kommunen wahrscheinlich noch
nicht so weit. Allerdings haben einige Nachbarn es auch ohne Importe 
inzwischen fast zur Vollständigkeit geschafft, in anderen Orten rührt 
sich jedoch bis heute kaum etwas.

Aus heutiger Sicht kann ich also positiv vermerken, dass uns die Importe
bei der "Quantität" nach vorn gebracht haben.

Bei der "Qualität" gibt es jedoch divergierende Aspekte:

Die Lagegenauigkeit der Daten ist sehr gut.
Aber die importierten Daten waren ja ursprünglich nicht für OSM erhoben
worden. Es wurden vielmehr Erhaltungszustände, Materialien usw. damit
verwaltet.
Ich habe von den Daten des Straßenkatasters *nur die Trassen* verwendet 
und dazu noch das Datenfeld "Straßenname".

Informationen über den OSM-Straßentyp (residential, unclassified oder 
track?) fehlten im Straßenkataster ebenso wie die Eigenschaften 
'Einbahnstraße', 'Brücke' oder 'Tunnel'.
Verkehrsregeln ('maxspeed', 'nur für Anlieger') oder Sperren (Poller) 
fehlen auch.

Typische 'Macken' der importieren Daten sind:

- Eine Straße ist in zwei Ways aufgeteilt,
   obwohl es dazu keinen Grund gibt
- Track ist als unclassified eingetragen oder umgekehrt

Typisch sind z.B. im ländlichen Bereich Zuwege zu einzeln stehenden
Häusern oder Bauernhöfen, die in den ersten 100 Metern befestigt sind
(unclassified oder service) und dann hinter dem Haus als unbefestigter
Track weiter führen. Hier muss der Weg noch manuell geteilt werden.
Denn diese Wege sind oft komplett als service oder track importiert.

Nach der Konvertierung waren die Straßen nicht an den Enden verbunden.
Das habe ich beim Hochladen bzw. in den Wochen danach mit JOSM manuell
korrigiert. Anfangs stand dazu kein Validator zur Verfügung, doch
inzwischen kann man das programmgestützt finden.
Die Fehlerquote der importieren Daten bei den fehlenden Verbindungen ist
inzwischen geringer als bei Potlach-Bearbeitungen.



Nach dieser umfangreichen Vorgeschichte nun zu meinem Anliegen:

Die Ergebnisse "100%" beim Abgleich der Straßennamen in den genannten 
Orten sollte nicht so interpretiert werden, dass wirklich *alles fertig* 
ist. Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf die Vollständigkeit der
Straßennamen.
Gerade in den importierten Gebieten muss aber noch an der Qualität im 
Detail gearbeitet werde.

Hier sollte sich jeder in Kenntnis der Entstehungsgeschichte frei 
fühlen, die Daten nach seinem Kenntnistand zu verbessern.
Obwohl man das im Projekt eigentlich jederzeit und überall machen kann 
und darf, hat es sich doch als Etikette heraus gebildet, den 
ursprünglichen Autor zu kontaktieren, bevor man dessen Daten ändert.
Es gibt so etwas wie einen "gefühlten Eigentümer", den man respektiert.

Die Datenimporte waren dazu gedacht, schneller fertig zu werden.
Unter genannten "psychologischen" Randbedingungen sind sie nun eher zu 
einer Bremse bei der Perfektionierung der Daten geworden.
Ohne den Import wäre mancher Ortsteil gleich in voller Qualität und mit 
allen Eigenschaften gemappt worden.
Dort wo bereits das importierte Straßennetz vorlag, hat sich niemand 
mehr berufen gefühlt, das noch mal detailliert zu überarbeiten.

Aus heutiger Sicht bin ich mir daher nicht mehr völlig sicher, ob die 
Importe wirklich sinnvoll waren oder ob das eher den 
Spaßverderber-Effekt hatte, der andere vom Mappen abgehalten hat.

Aus damaliger Sicht war jedoch das exponentielle Wachstum von OSM - auch 
in unserer Region - nicht absehbar.

Ich glaube, ich würde es trotzdem wieder tun.
Man könnte z.B. noch Hille (MI, 38%) oder Dörentrup (LIP, 37%) in 
Richtung 100% bringen ... ;-)


[1] http://www.bibel-online.net/buch/01.1-mose/1.html#1,2

[2] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/KomSIS

[3] http://map.krz.de/mapwww/osm_owl_anim.gif

[4] http://osm.gt.owl.de/Strassenliste/

[5] http://lists.openstreetmap.org/pipermail/talk-de/2007-June/001298.html
[6] http://lists.openstreetmap.org/pipermail/talk-de/2007-July/001762.html

-- 
Frank Jäger





Mehr Informationen über die Mailingliste OSM